Das Sternentheater

Elster, kraxelt die Hauswand empor, krabbelt unter den Fenstersimsen entlang, pflückt sich die Spinnen, hüpft weiter, sammelt das Moos und die Würmer darunter aus den Ritzen. (Barmbek, 15.11.)

An diesem Abend Mitte November vor 43 Jahren kam ich als Junge, nein Bub (wir sagten Bua) in Hamburg an. Ich sehe noch das dunkle Haus vor mir (es steht noch), die Garage, in der mich zwei oder drei Jahre später, ich war 13, mein Vater, angefeuert von meiner Mutter, mit der Hundeleine verprügelte, die Hosen von meinem Hintern zerrte, bis ich nackt war und er drauflos drosch, während meine Mutter in der Tür stand, im Neonlicht der Garagenbeleuchtung, und hasserfüllt und bestätigt zusah – solange bis Nachbarn draußen vor dem geschlossenen Tor sich des Lärms wegen beschwerten. Es gibt Erinnerungen tief wie Furchen, andere seichter, wie Kerben, noch seichter, wie Kratzer, Einritzungen, beinahe lesbar, scheinbar zu entziffern.

OMD – Crush

Das Sternentheater!

Erster Schnee, leichtes Treiben bei bitterer Kälte. Als wäre dem Sommerjahr die Luft ausgegangen. (21.11.)

Das Kind im Krankenhaus. Das Kind muss operiert werden. Sofort fängst du an, aufzuräumen.

Mit einem Mal leuchtet das Haus im Innenhof strahlend gelb auf an diesem so grauen und trüben Nachmittag am Ende der Welt, oder beinahe am Ende – denn die Sonne ist ja noch da. Welches Glück, eine Frau zu haben, die ähnlich der Sonne ist, die dir Sonne ist.

„Komm großer Wind, wehe“ wollte Christian Saalberg seinen nächsten Gedichtband nennen, zu dem es aber nicht mehr kam. Die Pracht dieses Wörtchens „wehe“ in seiner Doppeldeutigkeit!

Ich erinnere mich an das Auto des Freundes, meine aber, die Farbe des Wagens sei heller gewesen, sehr viel heller. Es habe, sagt der Freund, wahrscheinlich Schnee gelegen, als ich zuletzt bei ihm gewesen sei. Können wir fahren? Wir fahren.