Der Bestattungspomp

Die Totenglocke läutet. Im Rhythmus der letzten Herzschläge? Der letzten Atemzüge? Sie läutet minutenlang, ewig, wie es scheint, dann bricht sie ab, und es herrscht Schweigen im Dorf: der Wind, die Vögel, das Flirren, die Zikaden und die fernen Stimmen in ihrem beständigen Unmut. Aber eine Viertelstunde später, wie reanimiert, ertönt die Glocke erneut, im selben, so langsamen Taktschlag. Das Herz schlägt weiter, der Tote wird Atem holen, sich aufsetzen, aufstehen, auferstanden sein. (Volx, 13.7.)

Sun Kil Moon – I also want to die in New Orleans

Der Bestattungspomp!

Jeden Morgen blickst du in den Baum, in die Krone, zu den dunklen Flecken – den zu pflückenden Feigen.

„… gens du Midi, gens du soleil …“ Apollinaire

Die Schwalbe in meinen Händen war mit einem Mal so kräftig wie die Katze, von der sie gefangen und verletzt worden war, bevor ich sie fand, hineingeduckt in eine Türnische. Sie dehnte ihre Brust. Sie spreizte die Flügel gegen meine Handteller, und als ich sie in die nächtliche Hecke setzte, tauchte sie darin unter wie ein freigelassener Fisch ins Wasser. Die Katze folgte mir, denn es war ihre Schwalbe – ich aber der glückliche Prinz.

VIVE LE VANDALISME! – ein Graffito an der Autobahn zwischen Aix und Marseille. Ich lese vom Leben in dem wütenden Aufruf, nicht von der Verwüstung.

Unter den Bäumen hindurch – in deren durchsonnten Kronen Zikaden knarren – schwirren handtellergroß schwarze Falter. Hunde schreiten gähnend durch die Abendwärme. An den Tischen im Freien zeichnen die Kinder. Das freundliche Dorf, 600 m überm Meeresspiegel. Die Freundlichkeit ist ein Dorf in sechshundert Metern Höhe. (Montfuron, 21. Juli)

Der Lieferwagen des Schornsteinfegers – voller Asche.

In der Abtei von Silvacane hören mein Herz und ich ein Hammerklavierkonzert – Frescobaldi, Froberger und Couperin. Länger als eine halbe Stunde brauche ich, um dem Geklimper etwas ablauschen zu können, doch als dann die Spatzen im 500 Jahre alten Innenhof des Kreuzgangs lauter zwitschern als das Spinett klöppelt, öffnet sich die Zeitdecke über den Melodien, und der Sommerhimmel voller Töne ist eins mit dem von gestern, heute und morgen. Eine junge Frau in der Stuhlreihe vor mir spielt mit den Fingern auf den Knien alles mit. (24.7.)