Die dottergelbe Ruine der Tankstelle

„Ich muss froh sein“, sagt das Kind lachend, „und ich muss alle Leute froh machen. Das ist Welt messen.“ – „Welt messen?“ – „Ja! Nicht Fett, sondern Welt messen.“ – „Sehr interessant! Wie kommst du darauf?“ – „Gelesen.“ Das Kind zeigt einen Prospekt: FITNESS UND WELLNESS. Fett messen und Welt messen. „Da! Siehst du? Du musst froh sein!“ – „Ja! Ich bin froh!“

Alter Herr mit Rollator tippelt vorbei, auf seinem Umhängebeutel der Aufdruck: KIND.COM (Barmbek, 18.1.)

Die dottergelbe Ruine der Tankstelle (der Tanke) neben dem Stadtteilbahnhof ist abgerissen worden (weg, nur mehr Erinnerung, meine, bin jetzt Tankstellenbesitzer). Darauf gesprüht stand (steht): BURN, SUN, BURN.

Auch Wochen nach dem Tod ihrer engen Freundin spricht die alte Frau in der Gegenwartsform von ihr: „Sie ist krank. Sie lebt mit Mann und Katze in Bayern. Ihre Kinder alle im Ausland. Zur Beerdigung erwarten wir Schnee.“

Zur Lesung aus dem neuen Gedichtband kommen zwei zahlende Zuhörer. Die einführenden Worte des Veranstalters sind von ausgesuchter Herzlichkeit, und die Lesung bereitet dir besondere Freude. Die Frankfurter Allgemeine, für die du 17 Jahre lang Bücher besprochen hast, kündigt dich an als Bremer Hörspielautor. (Frankfurt, Ostend, 23.1.)

Bis zum Rand voller Tränen. Keinen des Kummers. Seltsamere Tränen. Uralte. Wie fremde. Immer schon unverstandene.