Die sieben Unwirklichkeitsschichten

Sturm in Clichy. Überall auf den Trottoirs liegen E-Roller herum.

Verregnete Unterkünfte. Etablissements pluvieux. (Paris, 7.6.)

La Défense, das ich nur von den alten Fotos von Peter Handke kannte, wirkt heute wenig Banlieue-artig, beinahe akkurat sogar. Nichts in Paris kann es mit der Rauheit von Marseille aufnehmen.

Der Bus bringt uns von Nanterre über La Défense weiter nach Westen in die Vororte an der sich durch das Land und Richtung Atlantikküste mäandernden Seine. Die vermüllten Ufer. Die von Pragmatisierung und Zergliederung vernichteten Treidlerpfade, die noch einige Jahrzehnte lang dem Laufen und Gehen gedient haben werden. In dieser Zeit malten hier Sisley und Monet, die als „Augenblicksanbeter“ verkannten Impressionisten, die auf ihren Bildern nicht selten in Wirklichkeit Eindrücke von der Einfachheit der Menschen, der Flussschiffer, der kleine Leute in Bougival, Louveciennes, Le Port-Marly und anderen, heute völlig ausgehöhlten und zuschanden gegangenen Orte festhielten. (Le Port-Mary, 9.6.)

Du musst die sieben uns aufoktroyierten Unwirklichkeitsschichten durchbrechen, mit deinen Kopf- und deinen Herzwerkzeugen sie durchdringen, dann erkennst du, wie wichtig alles Zeitliche ist, was für ein Witz es ist, was uns verkauft wird als „Zeitkolorit“.

Über das Erdbeerfeld fliegt blechern summend eine Drohne.

Auf dem ehemaligen Schrebergartengelände, wo eine U-Bahnstation errichtet werden soll, wächst zum letzten Mal wilder Mohn.

The National – Boxer

Der Straßenunterhaltungsdienst!

Als der Zuckerkranke sich eine Insulinspritze in den Bauch sticht, steht die dunkelhäutige Frau auf und entschuldigt sich bei ihm. (Lokstedt, 22.6.)

„Maybe in the morning when I first wake up I am sometimes free.“ Robert Frost