Hoffnungssüchtig, hoffnungsblind

Die daumendicke, daumenlange Hornisse, die sich ins Zimmer verirrt hat und versucht, das Fensterglas zu durchbohren – wie panisch sie zu fliehen versucht! Wovor? Dem Unbekannten, mir, dem noch größeren, noch gefräßigeren Tier? Was wäre es anderes als Angst, was die Hornisse am Wohnzimmerfenster verspürt? Und Angst soll die einzige Empfindung sein, die eine Hornisse hat? Niemals glaube ich das, und alles andere, das nicht von Angst und Liebe spricht, ist mir gleichgültig.

Die schöne ruhige Oker in Wolfenbüttel – die meiste Zeit versteckt unter Feldrandwipfeln, so rieselt sie eher dahin, als dass sie fließt. Unterhalb einer Brücke, als uns ihr schon vergessener Name wieder einfiel – die Oker! –, lehnte ein halbes Fahrrad an einem Brückenpfeiler, als könnte es sein früherer Besitzer vielleicht vermissen und würde es demnächst abholen. Oder ist er ertrunken?

„Die Menschen waren nach Hoffnung süchtig und vor Hoffnung blind, das war ihr Verhängnis.“ Gerhard Roth

„My friend, don’t confront me with my failures, / I have not forgotten them.“ Jackson Browne, „These Days“

In Innsbruck an einer Kirche: „Universitatis morbuis“ – die Universität der Toten?

Ein Mann und seine greise Mutter sitzen auf einer Bank am Ufer des Inn und blicken wortlos auf den gespenstisch schnell vorüberbrausenden Fluss. Was sie (sich und einander) sagen müssten, brauchen die beiden nicht zu äußern, weil der Fluss es schon sagt. (Innsbruck, auf dem Weg zum Traklpark, 19.6.)