Ein Kauz in Rouen

„Ich bin dein Schutzenkel“, sagt ein kleiner Junge in der U-Bahn zu seinem Großvater, der daraufhin nicht länger sterben will.

Die Toten lesen. Die Toten, sie lesen.

Treuhandstelle für Dauergrabpflege!
Treuhandpflege der Dauergrabstelle?

Ein kleiner, ein winziger Junge kommt auf seinem Zwergenrad in einem Affenzahn die Straße vom Friedhof heruntergefahren, Wimpel an der Stange im Wind, Helm auf wie auf Honda, verbissenes Gesichtchen! Und oben im Dorf, am Kreisel bei der Schule, rangeln zwei andere Kleine in Judoanzügen in der Sonne. Da ist jede Menge Licht auf dem Fluss! „Endlich“, flüstert eine Alte in der Bank, „es ist Frühling.“ (20.4.)

Auf dem Mittelmeer vor der libyschen Küste sind hunderte, an die tausend, in Wirklichkeit unzählige Flüchtlinge aus den ausgebeuteten und kollabierten nordafrikanischen Ländern ertrunken, als ein weiteres schrottreifes Boot kenterte. „Wir brauchen“, sagt der christdemokratische Minister, der nichts begreift, weshalb er, in seiner Not, Christdemokrat zu sein vorgibt – Lügner vor dem Herrn –, „neue Seenotrettungskreuzer.“

Vergiss nicht den Kauz, den du in Rouen mitten in der Stadt rufen hörtest, in Rufnähe zur Kathedrale.

Jeder Tag, ohne schreiben zu können, sei ein verlorener, ein Tag ohne Atem, sagt W. H. Auden.