Hier heißt jeder Haartrockner gleich Elektra.
Im antiken Stadion schläft im Schatten der Bäume auf dem steinernen Tribünenoval eine Katze. In der 2000 Jahre alten Kampfbahn die Stille der applaudierenden Toten. Handtellergroße Echsen drücken sich flach an die Steine, an denen nichts mehr von Vertäfelung erzählt. Und die Katze wacht auf und geht auf Eidechsenjagd.
Wie lang ist es her, dass du zuletzt Lawrence Durrell gelesen hast? Unter Tränen seinerzeit „Das Alexandria-Quartett“ beendet. Von Durrell hast du gelernt (und es bei Camus bestätigt gefunden), dass es ein syntaktisches Licht gibt, luzide Sätze, ein Satzleuchten: „Die fliederfarbene Überflutung durch die Zyklamen hat eingesetzt“, schreibt Durrell im „Kurzen Blumen- und Heiligenkalender von Rhodos“ seines Buches „Leuchtende Orangen“.
Die Akropolis von Lindau?
50 Jahre alt musst du werden, um an einem Abend nach Sonnenuntergang das Meer violett zu sehen – die lilane See. (Rhodos, 14.10.)
Am Platz der jüdischen Märtyrer erinnert eine Stele in sieben Sprachen an den Julitag 1944, den der Deportation von 1602 Kindern, Frauen, Männern und Alten aus Rhodos und Kos in Nazi-KZs hoch oben im Norden: Polen. (Keine der Sprachen ist Deutsch.)
Wenn du über den Wipfeln der Benjaminbäume auf einer Dachterrasse sitzt, erscheint das Laub wie sehr hohes Gras. Denk du nur an Calvino …, während ein Schwarm Sperlinge herangerauscht kommt und, lautlos wie eine Handvoll Kiesel ins Wasser, eintaucht in die grüne Krone.