Ich lief wie eine Wolke einsam hin

Ich lief wie eine Wolke einsam hin,
Die langtreibt über Hügelland und Tal,
Als ich auf einmal eine Schar im Wind,
Ein Heer aus goldenen Narzissen sah;
Am See, unter den Bäumen auf der Wiese,
Tanzten und flatterten sie in der Brise.

So unaufhörlich, wie das Licht der Sterne
Sich funkelnd auf der Milchstraße erstreckt,
War eine Bucht am Rand bis in die Ferne
Von ihrem endlos langen Band bedeckt:
Zehntausend sah ich auf den ersten Blick
Im Tanz die Köpfe schwenken irr vor Glück.

Die Wellen tanzten so wie sie; allein,
Das Wellenglitzern, nirgends war’s so heiter.
Ein Dichter musste einfach fröhlich sein,
Umgeben von so lachenden Begleitern.
Ich staunte – staunte –, wenn ich auch kaum dachte,
Was einen Reichtum mir der Anblick brachte.

Denn oft, wenn ich bloß dalieg auf der Couch
Und Leere oder Grübeln an mir frisst,
Blitzen sie auf vor jenem innern Aug,
Das in der Einsamkeit die Wonne ist,
Und keine Freude muss mein Herz mehr missen,
Weil es dann Tänze tanzt mit den Narzissen.

William Wordsworth

*

Nachdem ich in den letzten Tagen Wordsworths „I wandered lonely as a cloud“ übersetzte, ein seit über zwanzig Jahren gehegter Wunsch, erfuhr ich heute von einem lieben Freund, dass Wolfgang Schlüter schon seit mehreren Jahren an einer ersten umfassenderen deutschsprachigen Wordsworth-Ausgabe arbeitet. Der Plan, gemeinsam mit Norbert Hummelt, Jan Wagner, Alissa Walser und anderen Wordsworth zu übersetzen, ist damit vom Tisch – denn so muss es sein. Wolfgang Schlüters Übertragungen sind profund, und sie klingen. Ich wünsche ihm, auch für Wordsworths „Prelude“, dem „Vorspiel“, alles Glück und alles Gute.