An einem ganz weißen Tag, sechs Monate
nach Kriegsende, fuhr er mit dem Frühzug
noch mal nach Lüneburg zu einem Mädchen.
Die Leber tat jetzt weh. Er fühlte sich gelb.
Sie spazierten vom Bahnhof zum Kalkberg,
rasteten, beäugten sich, lachten, mochten
einander. Ewig langsam hinauf, von oben
zeigte Fritzi ihm Bachs Kirche, den Alten
Kran, die Ilmenau, er ihr sein Theater.
Im Zug zurück ein Spuk vergessener Bilder.
Er sah sich, stand zugleich auf der Bühne,
wollte das Land, Äcker und Krater, das Grau
von Bardowick bis Winsen gar nicht sehen.
Dann über die Elbe, und da war Hamburg,
und alle alten Zeilen fielen ihm wieder ein.
Die Schmerzen. Er kam sich rühreigelb vor,
zusammengesackt wie ein Luftschiff oder
die in Brand geschossene Linde einmal.
Er schlich durch kaputte Straßen, die Linie 9
fuhr bloß zweimal am Tag. Die Uhlenhorst,
wie vor den braunen Hunden. Winterhude,
ein Hungerfeld. Der Stadtpark abgeholzt,
und Alsterdorf halb eingeäschert. Gärten,
weggeweht vom Wind. Dann lehnte er da,
im finsteren Treppenhaus und war nicht, der
er hatte werden wollen, noch der er wurde.
Hörte Schiffe. Leuchtete, so gelb war er.
Für Wolfgang Borchert zum Hundertsten