Tränenturm

Am Uferweg die Kiesel,
da dampften und rauchten
sie zwischen Weidenbäumen,
und unter tausend Fenstern
in den Traubenbergen
mit Blick zum feurigen Neckar
brannte innen und brannte außen
der Turm. Dach und Kähne schmolzen,
Brücke, Häuser, Wiesen brannten,
der Fluss, die Insel, die Fenster,
Klavier und Musik brannten,
Pult, Tisch, die wasserlose Karte
von der rückwärtsgehenden Garonne.
Plochingen, Wendlingen, Nürtingen,
Metzingen, Reutlingen, Tübingen
standen in Flammen, und auch
die unscheinbare Universität
aus Steinchen war hell Feuer,
die rußbeblümte leere Unterwelt,
die Höll’, der lieh nie einer irgendwas,
kein Gold, kein Mitgefühl, kein Wasserglas.
Herbst und Winter endlos Hitzesommer,
und Schloss, und Burse, Cottahaus,
am Holzmarkt brannten Stift und
Kirche. Gott brannte. Alle
Götter und Wolken,
Blumen, alle verbrannten,
und verglühende Zitronenfalter.
Spatzen in den Lüften lodernd, Luft
sank brennend, verbrennend
in den Kieseldampf
unter den Wein.
Die lebendigen Birken
brannten. Die Augen brannten,
die Tränen. Die nie etwas
löschenden Tränen.