Gedichte
Schöffling & Co.
Frankfurt am Main 2018
Großformat
Umschlagbild von Wiebke Herrmann
ISBN: 978-3-89561-409-5.
Subtil und präzise widmen sich die Gedichte der Darstellung der Schönheit wie der Zerstörung unserer Welt. Landschaft ist ebenso ein sprachmusikalisches Thema wie die Liebe oder die Darstellung historischer Figuren, so Dürer oder Gryphius. Wie leben wir heute, und was hat unser global life eigentlich noch am Hut mit Poesie? Ist Poesie notwendig, muss Poesie notwendig sein? Ist das Gedicht eine politische Größe? Lässt sich die Plastikverseuchung der Ozeane überhaupt anders darstellen als durch Poesie? In überraschender grafischer Gestalt und kunstvoll gegliederten Kapiteln entfalten Bonnés Gedichte einen Lesefluss, der in eine erfahrungssatte Lektüre hineinzieht. Diese Gedichte suchen ihresgleichen, sie lassen einen lange nicht los.
An einem grauen Stuttgarter Mittag
Endlose Treppen vom Olgaeck
hinauf zur Zimmermannstraße.
Bestimmt war das früher mal ein
Weinberg, und Weinbergpferde
trotteten hier so wie jetzt wir.
ES IST LIEBE hatte jemand dünn
an eine Betonwand gesprüht. Da,
ein weißer Engel, der beugte sich
über einen Brunnen ohne Wasser.
Asia-Imbiss und Nagelstudio. Felder
mit wilden Birnbäumen voller Disteln
lagen hier mal. Schiller im Gras. Und
der junge Hölderlin mit blonder Mähne
bis sonstwo. Diese silbernen Sommer.
Aber wohl kaum schöner, wie auch.
Das Gras war dasselbe. Das Grau
oben am Himmel. Die Zärtlichkeit,
die fehlt, bis du sie spürst, bis du
spürst, du lebst, sie war dieselbe,
die Abgestorbenheit ist nur Gerede.
Michael Braun, Tagesspiegel am Sonntag

Gedichte
Schöffling & Co.
Frankfurt am Main 2012
Umschlagbild von Alex Katz
ISBN: 978-3-89561-405-7.
Mit einem in der Lyrik selten gewordenen Ernst lotet Bonné für ihn lebenswichtige Fragen aus. Gedichte von Reisen durch Europa, Asien und Amerika spiegeln Kindheitsbilder und Landschaftserkundungen. Porträts und Anverwandlungen widmen sich Bobrowski, Dickinson oder Huchel. Neben neuen Gedichten versammelt Traklpark unveröffentlichte aus drei Jahrzehnten. Somit ist Mirko Bonnés fünfter Gedichtband zwar eine Inventur, jedoch nicht die eines Nostalgikers.
Gedichte als grüne Lungen inmitten der Sprachen des Alltags und der auf uns einstürzenden Diskurse – der Traklpark ist ein Park der Bedeutungen.
Gettysburg
Ein Knie, ein Arm, im Gras ein halbes Ohr,
wo die Zerfetzten lagen, die schon Toten,
aufgebläht, zerpflückt von Krähen Pferde,
wo Blut in Lachen stand, in denen morsch,
kaputt, ein Sterbender ertrank, wächst jetzt
bei leichtem Wind in dicken Büscheln Gras.
Und in der Luft sind Hummeln und Libellen.
Berberitzen, es gibt Büsche, Flieder, Hasel,
tief unterm Gras erinnert sich die Wurzel,
dass es sie gab, an ihren Duft im Sommer,
wo über Baltimore ein Abfangjäger jetzt,
der weder steigt noch fällt noch dreht, nur
steht. Die Zeit fing Feuer, und brennt noch.
Vom Highway 15 her rauscht Fernverkehr.
Siebenhundert Grad heiß war die Juliluft.
Traklpark wurde ins Kroatische übersetzt:
Traklpark Novi prijevodi, Brčko / Bosnien und Herzegowina 2015. Übersetzung: Mirko Božić
Dorothea von Törne, Literarische Welt

Gedichte
Schöffling & Co.
Frankfurt am Main 2008
ISBN 978-3-89561-402-6.
Sommerwind
Als ich in den zwei Hohlwegen nach Spuren suchte,
fand ich keine: In der Mulde das zerrissene Kabel
lag nicht mehr da. Die Tragtasche, voller Stricke,
das abgestreifte Paar Schuhe, von dem man las,
lang in Verwahrung. Wespen in den Hortensien.
Die Brombeerhecke. Heruntergelassene Rollläden.
Das Licht in der Garage seit Tagen und die Geräte,
liegen geblieben im Garten, alles ließ sich deuten
als Schmerz derer am Leben. Sommerwind, heiß,
und ich fand die Namen, sie waren reines Feuer.
Herbert Wiesner, Die Welt

Gedichte
DuMont, Köln 2003
Leineneinband
im Pappschuber
ISBN 3-8321-6001-9.
Elis in Venedig
1913 stehen Elis und ein Lancia
am Meer, Elis im einteiligen Badeanzug,
schwarz, und im Kopf Kokain. Immer ein Bild:
Zwei Rappen schwimmen und ertrinken.
Er starrt eine Zeit abwesend
auf das blausilberne Automobil,
der Lancia umlagert von Buben
in der Sonne der Lidostraße.
Bis Loos-Luzifer ruft: „Chianti!“
und eine Hand Sand wirft.
Lässig geht er mit, sie fahren.
Sein Zimmer starrt von Insekten.
Er rennt sofort wieder hinaus,
durchs Gras über dem Steinstrand,
und rennt zwei Badegäste um
im Glauben, er habe ein Messer.
Im nächsten Augenblick,
eine einzelne weiße Hand
flöge ihm hinterher, die
Steilküste lang.
Michael Braun, Frankfurter Rundschau

Gedichte. Mit künstlerischen
Arbeiten von Andreas Schwarz
Umschlag geprägt von
Margot Saak-Bitterling
Rospo, Hamburg 1996
ISBN 3-930325-13-6.
Wilmersdorf
In der Küche verjubeln
Einwegverpackungen
allen dunklen Inhalt.
Blick vors Fenster. Tiefgefroren Blumen –
und dort ist Einer
müde Erscheinung.
Hör, Kerl! Fasse sie recht!
Müde und Erscheinung
von so verbauter Zeit?
Das wär deine Sorge?
Die Menschen sind doch alle Magneten –
ihren Polen entgegen
fliegt ein unruhiger Kopf.
Hör, Kerl! Fasse sie recht!
Jan Bürger, taz
Der Gedichtbandtitel „Gelenkiges Geschöpf“ enthält einen verdeckten poetologischen Hinweis auf eine offene, flexibel und variabel gehaltene Schreibpraxis, die den Auftakt bildet zu einem mehrere Bände umfassenden lyrischen Werk.
Hermann Korte, Kritisches Lexikon der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur

Gedichte. Mit Zeichnungen
von Jürgen Abel. Umschlag geprägt
von Margot Saak-Bitterling
Einmalige handsignierte
Auflage von 250 Exemplaren
Rospo, Hamburg 1994
ISBN 3-930325-02-0.
Rekonstruktion
Inzwischen
war Winter
und dicht
wie die Eule
nachts der Straße
sich nähert
trennend das Haus
vom Feldrand
morgens der Nebel.
Zweifel an Zeichen
im Erdreich
gehen vorüber.
Und hohle Röhren
aus rotem Ton
verbinden uns alle.
Und wir kennen
den Weg des Wassers
das wir trinken
Schnelligkeit
und
Gefälle
vom Talsee
bis in die
Mundhöhle.
Fritz Rudolf Fries, Süddeutsche Zeitung