A so chli gsi

„Dass wir das Leben unserer Eltern nur unzureichend erfassen, sagt nichts über ihr Leben aus. Nur über unser eigenes. Es ist höchstens ein Ausdruck von Respekt, wenn man anerkennt, dass man nicht alles weiss, Kinder haben ohnehin einen verengten Blickwinkel auf alles, was sie umgibt. Das Nichtwissen hingegen, das blosse Spekulieren über das Leben eines anderen lässt diesem Leben die Freiheit, mehr zu sein, als es wirklich war“, so Richard Ford in seinem „Memoir“ vom Leben seiner Eltern, „Between Them“, „Zwischen ihnen“, übersetzt – immer wieder sehr glücklos – von Frank Heibert.

In der Nacht scharrt das Bergland ans Fenster, und du wachst auf und bist wieder Kind, verwandelt vom Regen. Am Morgen überall der Schnee auf den Feldern und in den Wäldern. (Looren, Zürcher Oberland, 17.1.)

„Drr Chella Gotfritt!“, ruft eine so kleine wie breite Schweizerin, als sie im Kunsthaus Zürich in den Saal platzt und ein Bildnis Gottfried Kellers erblickt. „Drr isch a so chli gsi!“ So klein sei der gewesen! Und die Beule von Frau zeigt auf ihren sich in den Raum stülpenden Bauchnabel.

Jacottets Gedichte gelesen, eingeschlafen über dem silbernen Leuchten des Zürichsees.

Noch einmal Ford, in seiner Vorbemerkung zu „Between Them“ notiert er: „Das Eindringen in die Vergangenheit aber ist in jedem Fall eine heikle Sache, weil die Erinnerung uns zu den Menschen machen will, die wir sind, und immer wieder halb daran scheitert.“