Carduus defloratus

Der Farnkundler, heute Chefsystematiker des Naturkundemuseums in B., ist mit einer Tomatenforscherin verheiratet. Als Junge, erzählt er, fuhr er auf dem Rad mit einer Distel, die größer als er selber gewesen sei, zu einem Professor an die Uni Bielefeld, um die Bahndammdistel bestimmen zu lassen, da sie ihm seinerzeit wie ein Fund, eine Distel vom Mars erschien. Und der Professor ging an ihm vorbei, schloss die Tür auf, deutete auf die stachlige Pflanze, die herabhing aus seiner Faust, und sagte: „Carduus defloratus.“

Ohrengel!

Die Reihe Pflaumenbäume zwischen den S-Bahngleisen – ich blicke in den Rest Sommerlicht, und mir ist nach Weinen zumute. Wie lange schon stehen die hier? Noch immer stehen sie hier!

Das fehlende Licht

Haltbarkeitsdauer einer Angelschnur aus Kunststoff – 600 Jahre.

„Weiße Weine jenseits aller Gleichgeschliffenheit“ verspricht das kleine Ristorante. (Portugiesenviertel, 20.8.)

„Jetzt erzähl, Alter! Hab grad eh nichts Besseres vor“, ruft der junge Stumpfsinnige in sein Handyfesthaltegerät und weiß nicht, wie lang sein Weg noch ist.

Früher mal ein alltägliches Bild, heute fast ein Wunder: Auf seinem Rad fährt ein Junge vorbei und hält am Lenker ein zweites, das ohne Fahrer neben ihm herfährt – sodass ich wie früher denke: Da fährt ein Unsichtbarer! (Und wie oft hast du das selber gemacht in fast 50 Jahren, ein zweites Fahrrad neben dir her balanciert: zwei Mal, drei Mal?)