Das Kieselereignis

Beleuchtete Platane, nachts im Regen: Jedes einzelne Blatt streckt sich, und der ganze Baum zittert und klingt vor Wasser und Licht. (Freiburg, 9. August 2015)

Traum in der stickig heißen Regennacht: Ich hatte ein Zimmer am Meer, doch diese See war ganz aus Sand. Überall: die Dünung und Brandung versandet, überall Sandburgen, aber alle halb zerfallen und verweht. Ich fragte meine Wirtin, wo denn das Wasser sei, und sie führte mich ums Haus. Dort brauste blau und schwarz die wilde See. Es wurde Abend, und die alte Frau sagte zu mir: „So wie mein Haus, so ist Ihr Leben.“

Die Kindheit hat nie aufgehört. In Elzach im Schwarzwald gestrandet, kann ich zwei Stunden lang einen Pulk Jungs beobachten, die sich in dem vor Ödnis krachenden Städtchen, dem Städele, herumtreiben und von einem geschlossenen Geschäft zum nächsten und wieder zurück und so immer fort hin und her geweht werden. Wie viele solcher Sommernachmittage verbrachte ich in Waakirchen, als ich neun oder zehn war! Jeder Kieselstein war ein Ereignis, jeder Fremde ein Raubritter, jede nackte Achsel einer Frau verfolgte mich wochenlang im Schlaf. (Elzach, 10.8.)

Aus einer E-Mail: „Bei der Sonne habe ich angerufen und das Zimmer abbestellt. Ich wohne jetzt für zwei Nächte in der Blume.“