Die freie Weite

Es gibt niemanden, der ist wie du. Hör auf, nach ihm zu suchen.

Smiling – crocodiling!

In Igls oberhalb Innsbruck steht am Berghang Schloss Hohenburg, wo Georg Trakl 1913 / 14 Asyl fand und einige seiner schönsten Gedichte schrieb. Von der „mondeshellen Sonate“ und der „Silberstimme des Windes im Hausflur“ schreibt er in „Hohenburg“, und „Abend in Lans“ schließt mit der Pracht eines syntaktischen Rätsels: „Die Nacht und sprachlos ein vergessenes Leben. Freund; die belaubten Stege ins Dorf.“ Ins Nachbardorf Lans führt der Fußweg von Igls aus über die Berghänge an Bächen und Scheunen vorbei, noch heute, auch wenn längst ein Golfplatz die freie Weite verschandelt. Unterhalb der Burg ist alles zugebaut, ich sah es auf den ersten Blick: 1986 war ich zuletzt hier, viel zu lang her, um Dauerhaftes erwarten zu können. Eine Anwohnerin scheint die Zerbauung der Wiesen und Hänge erst zu bemerken, als ich erzähle, wie es vor 30 Jahren hier oben aussah. (Innsbruck, 22.4.)

In der Innsbrucker Landesmusikschule, dem Konservatorium, probt im großen Saal das Orchester. Hier fand Trakls einzige öffentliche Lesung statt, 103 Jahre ist es her, und Trakl, hieß es, „las leider zu schwach“, doch in Wahrheit, ja, las er zum Glück leise und monoton, dunkel und beinahe unhörbar, so wie fast alles Bedeutsame leise, monoton, dunkel und so gut wie unhörbar ist. Den Dirigenten verwundert meine Anwesenheit, wie mich ja auch. Ich höre eine Musik, die 1913 hier spielte und seither hier spielt.

Auf den Feldern rings um Wien blüht der Raps.

„Das einzige Heilmittel gegen die Verzweiflung des Schreibenden“, sagt der alte Dichter, „ist das Weitermachen.“

Hagelschauer, und noch einmal Schnee. Die Hagebutten sind schwarz geworden. (24.4.)