Am Wiener Stadtpark entlang fließt der Fluss, der der Stadt den Namen gibt, die Wien, einbetoniert, schnurgerade, durch Röhren und Tunnel, ein nach drei Hitzewochen beinahe ausgetrocknetes Rinnsal. (Wien, an der Wien, 3.8.)
Seltsames Wien: Durch Graben und Kärntner Straße, vorbei an der Pestsäule, strömen wie durch die venezianischen Hauptadern die Touristen in unfassbarer Menge, zehn, zwanzig Schritt abseits in den Nebenstraßen und -gassen aber ist es still, streunen die Vereinzelten und Vereinsamten und sitzen sie, die Sitzengebliebenen, in den Cafés und den Kaffeehäusern. Der Stumpfsinn der Leute, die zu reisen glauben und vielleicht sogar von Herzen gern reisen würden (was weißt du von ihnen – nichts) – am deutlichsten wird er wohl in den Innenstädten der Touri-Hochburgen. Natürlich sind wir alle Flüchtlinge, oder nenn es Geflüchtete. Flüchtig sind wir eh. Unendlich viel zu entdecken gäbe es, auf Abwegen, in Steinwurfnähe.
Der wundervoll übellaunige Mark Kozelek („Hello, Australia – I’ve never been to Melbourne!“) mit seinen Sun Kil Moon: spielte, wenn er trank, einhändig Gitarre, sang minutenlang ohne Mikro, erzählte von seiner Kindheit in Ohio und war dabei ganz da und unverwechselbar, unverbesserlich. Hochkomplex und diffizilst, zugleich aus Dekonstruktion und Rock’n’Roll zu kommen, vom Alltag zu spielen und zu singen („Yesterday morning I woke up to so many 330 area code calls / I called my mom back and she was in tears and asked had I spoke to my father / Carissa burned to death last night in a freak accident fire / In her yard in Brewster her daughter came home from a party and found her“ – „Carissa“, 2014) und dabei lebendig zu wirken, indem du es bist. (Arena Wien, 3.8.)