Gelbwestenblockaden

„Das Meer ist da? Sehr schön, lasst es herein …“ Pablo Neruda

„Sie sind ein Zauberer!“ – da lacht der Handwerker laut und jovial, endlich erkannt.

Das volle Gleißen des Lichts über Marseille, genau wie in jenem Januar vor 21 Jahren, als du hier allein gelebt hast, im arabischen Viertel, dem alten Korbmacherkiez oberhalb des Vieux Port. Jeden Tag an den Hafen und weiter, hinaus zum Meer gegangen, das man von der Stadt aus noch immer nicht sieht. (10.12.)

Die geliebte Bar Caravelle. Hier war ich Abende lang glücklich.

Über jede Clementine lohnt es sich zu sprechen.

„Gelbwesten“-Blockaden an den Mautstationen bei Manosque. Wieviel Zuspruch die Protestbewegung bei der provençalischen Bevölkerung genießt, sieht man an den gelben Warnwesten selbst, die in jedem Auto Pflicht sind, doch zumeist verborgen im Kofferraum oder Handschuhfach aufbewahrt werden. In den Wochen des französischen Unmuts – Annie Ernaux nimmt die Bewegung in Schutz gegen den Verdacht, sich instrumentalisieren zu lassen von Rechten und Neofaschisten – sieht man die Westen demonstrativ in jedem dritten, vierten Wagen hinter der Windschutzscheibe liegen.

In Apt am Ufer des Cavernon – vor dessen reißenden Strömen auf Schildern gewarnt wird. Die Beschreibung des vermeintlich gefahrvollen Flusses als Bannung. Der Cavernon ist ein Rinnsal.

In Roussillon ist alles ocker. Ockerfarbene Häuser, ockerbraun die Felsen. Überall an den Wänden und Mauern das Wort „ocre“. Ockerhandwerk. Ockerfabrik. Ockergeschäfte. Ockereinwohner. Ockeralltag. Ockernächte. Ockertod.

Die von der Hitze und den Winden des Sommers entrindeten Platanen gespenstisch weiß im Mondschein. (Mâne, 9.12.)

Spectacle vivant!