Die weiten Felder westlich von Bremen, unterbrochen, vor dem Seewind geschützt durch Waldinseln, geometrisch anmutenden Waldungen. Auch die Kühe, im Widerstand gegen den Wind, rebellisch Rinder, fleckig wie das platte Land.
Der Oldenburger Entomologe erzählt von Libellen, ihrem Schwirrflug, den Häuten, die sie abstreifen, bleistift-, schraubenziehergroß. Er lebt in seinem auf den Hund gekommenen Bungalow am Stadtrand, die Frau hat ihn verlassen, die Töchter sind längst ausgezogen, um in Übersee zu studieren, er ist im Widerstand gegen die geplante Küstenautobahn, die Landschaftsvernichtung ist immens in seinen Augen, und er schwört unverbrüchlich auf Pink Floyd. Er wirkt libellenartig, selbst wenn er im Lichtschein am Schreibtisch über den Laptop gebeugt sitzt. An den Wänden überall Bilder von Teichen, Gräsern, Mooren, Seen. Einmal frage ich ihn, ob er wisse, dass Klaus Störtebekers Schiff angeblich „Die schnelle Libelle“ geheißen habe, und ein andermal erzähle ich ihm von meinem Gedicht „Libellenbrief“ und muss es ihm daraufhin vorlesen. Es sei sehr gelenkig, sagt er. Nichts Gelenkigeres, sagt er, als eine Libelle.
Die Sterne, die Sternbilder, nachts über Oldenburg – Hintergrund ein tiefes Schwarz, schwarze Tiefe. Während es in den Gärten knackt, denn da schurren und scharren versteckte Tiere. Alles schläft. Aber die Natur wacht, als gelte es, sich zu wappnen – wovor? Einem wie mir?
Die Brötchen tragen eine eingebrannte Initiale – als wären sie allein für dich bestimmt.
Im Oldenburger Land, heißt es, werde ab und an noch ein Uhu an ein Tor genagelt, als Abschreckung, als Zeichen gegen den Teufel? Kaum einer dürfte sich das heute noch trauen. Meine Tochter erzählt einen Witz: „Was sitzt auf dem Baum und winkt? – Ein Huhu.“ Der ans Tor genagelte Uhu taucht auch am Schluss von Jan Wagners Gedicht „franz de hamilton: konzert der vögel“ auf. Nachtigallen reimen sich dort auf „nageln“, und dem Uhu eignet etwas Lutherisches: „(…) man hört die saat / im ackerboden bersten, in den kirschen / die süße sich ballen, hört / das blut tief in den eigenen adern rauschen. // elstern, strauße, ziegenmelker, kuckuck, / der adler mit der orgel seiner flügel, / kranich und käuzchen, rebhuhn, kaka- / du, falke, mäusebussard, eisvogel, // störche, sperlinge und nachtigallen. / nur der uhu nicht, den ein paar leute, / die üblichen strolche an die scheune nageln / wie irgendwelche thesen, ein pamphlet.“