Zur Verzweiflung treibt dich nicht das Fehlen der Liebe – du wirst ja geliebt und du liebst – oder das der Leidenschaft – das kurze Feuer, die bittere Asche, im Wind. Verzweifeln lässt dich, dass keiner etwas mitteilen kann von sich – und dass du in einer Zeit lebst, die es aufgegeben hat, etwas begreifen zu wollen, und mit verinnerlichter Resignation – dem Facebook-Wahn, der nur der Anfang ist – das Sichmitteilen einstellt. In der „Pest“ lässt Camus eine seiner drei oder vier Hauptfiguren, nämlich Tarrou, sagen: „Ich habe so viele Diskussionen gehört, die mir fast den Kopf verdreht hätten und die genügend andere Köpfe verdreht haben, bis sie dem Morden zustimmten, dass ich verstanden habe, dass das ganze Unglück der Menschen entsteht, weil sie keine klare Sprache sprechen.“
Ein Schutzwall aus vor sich her getragener Unanfechtbarkeit – schwer zu verstehen und noch schwieriger zu lieben.
Nicht ein einziges liebes Wort, fünf Wochen lang. Nur zwischen den Zeilen das Lieben- und Geliebtwerdenwollen, ein Schweigen.
„Wir brauchen keine Betten.“ Doch, ich brauche eins. Mein Bett war immer mein Zuhause. Sonst: In girum imus nocte et consumimur igni … irren wir nachts im Kreis umher und werden vom Feuer verzehrt.
Das Tagpfauenauge in der Sonnenblumenmitte, mit welcher Geduld sitzt es in der Gluthitze, und nur ein Mal, als eine Brise kommt, schlägt es sich fächelnd die kühlere Luft zu.
In gi rum im us noc te et con su mi mur ig ni. Ohne Bett kann ich nicht schreiben. Ohne Bett drehe ich mich im Kreis. Ohne Bett werde ich mein eigenes Palindrom.
Gibt es sie, die „ehrlichen Hände“? Wäre dem so, müssten da nicht auch die anderen sein, die verlogenen, unaufrichtigen, die „unehrlichen Hände“? Nimm an, es gibt ehrliche und unehrliche Hände – worauf liegen, worüber tasten, was streicheln sie? Eine ehrliche Haut, eine unehrliche? Bist du eine ehrliche Haut, wenn du mich unehrlicher Hände bezichtigst? Und sobald du ehrliche Hände gefunden hast, die über deinen Leib wandern, bist nicht dann du tief verborgen in deiner unehrlichen Haut?
Verändert sich das Tier, indem es aus dem Wassernapf trinkt und aus sich selbst zu saufen scheint?
Von außen betrachtet ist das Feuer vorüber, verglommen und erloschen. Nur du weißt, dass es frisch genährt weiterschwelt, im heißen inneren Flöz. Sommerverluste, und du bist wie sie, bist die Verluste selbst: Sie halten sich in Grenzen (Am Itzstedter See, 28. Juli).
Ein dicklicher Junge im Freibadwaschraum zu seinem Spiegelbild: „Nasenbluten ohne Ende.“