Nevada

Was machte Lenz, was ging in ihm vor, während er so, vor 234 Wintern, von Waldersbach hinauf nach Bellefosse, von Belmont hinab nach Fouday und vorbei an Le Trouchy dem noch immer halb zugefrorenen Chirgoutte-Bächlein folgend zurück hinauf nach Waldersbach stapfte? Denn zu Fuß, mit verstauchtem Knöchel über die halb verschneiten, halb schlammigen Wege und Eselspfade zwischen den Weilern im Steintal, dauerte es Stunden. „Du bist im Land unterm Schnee“, dachte er vielleicht. „Find Dir dafür einen Namen! Nenn es, wie es ist, schneebedeckt, nenn es Nevada …“

Im Hochwald überm Tal der Hasel irrte ich stundenweit durch Verhaue aus Brennnesseln, schulterhohem Gras, Ginster, Wildem Thymian. Verfolgt von Bremsen, dachte ich mich weg aus dem verfluchten Wald, durch den die Sonne stach, und ein wundervolles Erlebnis, ein Wunder fiel mir wieder ein: wie ich, im Glutsommer vor 22 Jahren, mit den zwei sorglosen schwarzen Hunden durch die Heide rannte wie durch die Wüste von Nevada, verfolgt von Bremsen, atemloser, zorniger mit jeder Minute unter den nichts, nicht mal Schatten spendenden Bäumen. Allein auf den flirrenden Feldern irrte ich dahin, und mit einem Mal segelten Schwalben, ein ganzer Schwarm Schwalben segelte aus dem Himmel und fing die Plagegeister weg mit jubilierendem, mir zujubelndem Zwitschern (17. Juli 1990, nein 2012).