Oz

Aus dem Gedicht „Schnee“ von Ales Rasanau aus Weißrussland, übersetzt von Thomas Weiler:

(…)

Schnee, bist du aus der Unendlichkeit?
Aus der Vollkommenheit?
Aus dem Tod?

Alles, was wuchs, blühte und gedieh, alles,
was vergangen, was Erinnerung geworden war,
alles, was nicht wiederkehren kann, kehrte wieder
im weißen Schnee.

Die Umwelt hat eine weitere Umwelt,
die Dämmerung hat eine weitere Dämmerung,
das Schicksal hat ein weiteres Schicksal:

Schnee.

(…)

Der seltsame Chinese (des Schmerzes) mit langem silbernen Haar und langem schwarzen Stoffmantel, der mit winzigen Bewegungen um den Tisch seiner Landsleute herumtanzt, traurig lächelnd – Yang Lian.

Das dickliche Mädchen, das auf seinen Turnschuhtanzschuhen die Treppe hinabtänzelt, hat eine Zwillingsschwester mit Mongolinnengesicht, die in der U-Bahn zu den Fenstern hinausstaunt. (Alsterdorf, 1.10.)

Oz. Hamburg Letzte Woche ist der große alte Graffitisprayer Oz nachts von einer S-Bahn totgefahren worden wie eine Straßenkatze. Überall in der Stadt sind seine Smileys und Kürzel zu sehen, aber auch große Gemälde und Tag-Tableaus in fantastischen Farben – sie stehen nicht nur für sich und beileibe nicht für irgendeinen kruden Vandalismus, sondern bewahren auch Oz‘ Bewegungen durch Hamburg auf, sind ein Koordinaten-, ein Speichersystem und ein künstlerisches Kataster. Eine Anwesenheitskunst, die Freude am Vertrauten, das er sich in der Nacht erobert haben muss.

Wessen Bücher kann ich zwei Monate lang liegen lassen, und lese ich eines dann weiter, ist es so wie vor zwei Minuten unterbrochen? Merkwürdiger Peter Handke.