Raps

Die weißgetünchte Steinscheunenwand ist in der Abendsonne gerade groß genug, um den Schatten des Nussbaums darstellen zu können.

Staberhuk, das Leuchtturmwärterhaus, in dem Kirchner drei Sommer lang vor hundert Jahren lebte und malte – gemeinsam mit seiner Freundin Untermieter der zehnköpfigen Leuchtturmwärterfamilie. Seinerzeit stand das Haus unmittelbar am Turm, ehe es abgetragen und 50 Meter weiter wieder aufgebaut wurde – ist es demnach dasselbe, 1914 und 2014? Schwalben sitzen an den Fenstersimsen, wie Fische an einem Walauge. (22.7.)

Die Veränderung, Ausweitung oder In-eins-Setzung der Perspektive, die Kirchner beim Malen vornahm, um Badende, Klippen und Turm eben noch glaubhaft gemeinsam ins Bild setzen zu können. „Die Dünen sind früher viel niedriger gewesen“, sagt das Kind.

Auf dem Bahnsteig des Fährbahnhofs erzählt mir ein alter Mann vom vermutlich russischen Abschuss einer malaysischen Passagiermaschine und dass dabei alle 300 Menschen an Bord umgekommen sind, erzählt mir davon sachlich, in Einzelheiten, mit eigener Einschätzung, ganz so, als wäre er eine lebendige Zeitung – so überrascht ist er, dass ich anscheinend nicht weiß, wie es seit drei Tagen um die Welt steht. (Puttgarden, 20.7.)

„Engagement“, sagt das Kind, „ins-Zeug-Legerei.“

Der Goldglanz auf den Stoppelfeldern am Abend, eine Kindheits-, eine Sommerkinderinnerung.

Wanderimker ziehen im Frühling über die Insel und stellen ihre Stöcke in die blühenden Rapsfelder. Trunken von der Überfülle an Gelb, sammeln die Bienen wochenlang nur mehr Rapsnektar, reinen Rapshonig.

Hier ist das Land so flach, heißt es auf Fehmarn, hier kann man am Mittwoch schon den Sonnabend sehen.

„Ab sofort“, sagt das Kind, „Dämonenkönig!“