Tote, vor Rührung weinend

Peter Handke über den Zusammenhang von Liebe und Tod: „Die nachhaltigsten Lehrer: die Momente der Liebe“, schreibt er in der „Baumschattenwand“. „Wenn du nicht liebst, pack ein!“ Und gleich darauf: „Wenn du nicht liebst, weg mit deinem Körper! Liebloser – Selbstmörder ohne dein Zutun!“

Mit Einbruch der Dunkelheit ließen sie die elektrischen Eifersüchte hinunter.

Du hast nie zu jemandem dazugehört – eine deiner wenigen guten Eigenschaften. (Lyon, 2. April)

„Die mir am meisten gemäße Form des Selbstmords ist, wie es scheint, das Leben“, heißt es in Imre Kertész‘ „Galeerentagebuch“.

Erinnerungen kommen taumelnd näher und schlagen mit den Flügeln gegen die Scheiben: Lars Gustafsson ist gestorben, er wurde 79, heißt es, aber ich weiß, dass er zugleich noch immer sieben war und BLEIBT. „Wir geben nicht auf. Wir fangen noch mal von vorne an“, lautet sein Schlachtruf in „Der Tod eines Bienenzüchters“, ein Buch wie aus Licht. (4.4.16)

Die Statistin an der Oper erzählt vom schönsten Erlebnis ihres Lebens: Als Tote mit offenen Augen lag sie anderthalb Stunden lang auf der Drehbühne und fuhr im Kreis, immer im Kreis, und weiter, und weiter im Kreis am Publikum vorbei, und ihr kamen die Tränen bei den großen Arien, die die Sänger anstimmten, während sie eine Tote war, die vor Rührung weinte.

„Hier ist es“, schreibt der Freund zu seiner Widmung in den neuen Gedichtband, an dem er drei Jahre lang schrieb, in der getakteten Enge des Alltags. „Und nun?“ – der Weg zählt, das Werden, das Verändern. Das Hergestellte, Fertige, das „Produkt“ kann nur den Verbraucher kümmern. Und weiter!