Unterwegs unter den Bäumen

Berlin, im Sargzimmer. Nur erfolglose Vertreter und mediokre Autoren werden so untergebracht, zumindest in Berlin. Hauptstadt? Nicht die meine. Meine Hauptstadt ist eine unsichtbare, umso hörbarere dafür. Dort rauschen die Bäume, braust der Regen, sind die Tiere freie Bürger, ist der verkappte Selbsthass unbekannt. In dem Sargzimmer der deutschen Hauptstadt weißt du, dass du nicht besser bist als ein ausrangierter Güterwaggon, abgestellt an einem grauen Feldrand an der polnischen Grenze oder tief in Belgien irgendwo. Niemandszüge rattern vorüber, und einer wird kommen, dich anzukoppeln, in zwei, drei Jahren. Horch! Du lauschst. Von Wand zu Wand sind es anderthalb Meter. (Charlottenburg, 19.10.)

„Jedes Tagebuch“, sagt das Kind, „besteht aus Briefen, die unbeantwortet bleiben.“

Bitte achten Sie darauf, dass sich auf Ihrer Kleidung keine Schmetterlinge befinden.

„Wirr sind das Volk! Wir sinnt das Volk!“

Das Problem des Fränkischen ist das Fränkische. Eine außerfränkische Welt scheint es von Franken aus betrachtet lediglich in Form von etwaig zu beliefernden Betrieben zu geben. Mirr sinn mirr. Über die außerhalb Frankens bestimmt irgendwo liegende Außenwelt wird das fränkische, das frängische Schweigen gebreitet. (Nürremberg, 25.10.)

Jede Nacht zwischen halb vier und halb fünf wachte er auf und trat ans Fenster, und stets war er da auch dort draußen auf der Straße unterwegs, als Hund vielleicht, oder er schwankte als welkende Stockrose an einem Zaun durch das Dunkel. Er lag im Bett. Er schlief und war zugleich unterwegs unter den Bäumen. Er stand im Zimmer am Fenster, war ruhelos und lief so müde wie unermüdlich zugleich durch die Straßen, ob in seiner Stadt oder einer anderen.