Fliegt!

Goldminenmüll

„He Sie da! In den Saturngebäuden ist zu essen nicht gestattet!“

Ein Schatten. Nein, ein sehr, sehr, sehr, sehr sehr sehr großer Falter hängt kopfunter in der Pappel. Schließ ihn in die Faust: Er ist so leicht wie ein Papiertaschentuch! Lass ihn los, und er kriecht den Stamm hinauf, flink wie ein Eichhörnchenjunges. Fliegt!

Du begleitest, was dich begleitet

Fahrrad – der Verjüngungsapparat … Die Frau, die am Fuß der U-Bahntreppe auf ihr Rad steigt und davonfährt, sieht mit einem Mal aus wie ein Mädchen. Aber das Mädchen, das ihr entgegen- und vorbeigefahren kommt, – es ähnelt für Sekunden meiner Mutter.

Deine Schuhe – deine Begleiter. Und wirklich: Sie begleiten ja, gleiten, mit dir, hin auf den Kieseln und dem Asphalt (so heute Nacht am Kaiser-Friedrich-Ufer, 27. August). Ist Odins Pferd, „Sleipner“, nicht sein Begleiter?

Hin und her und her und zurück fliegt über unseren Köpfen durchs Dunkel die Neugier als Lichtstreif, als Schimmer und Glanz, suchende, kreisende Fledermaus, schwirrt, schaut, schickt sich selbst als Boten – hält uns für wer weiß was, und ist weg (Mitternacht, septemberlich, 28.8.).

Meer der Ruhe

In Hamburg gibt es einen Nieselregen, den man nicht spürt sondern fühlt. Unter Wolkendecken schlafend, wir, die Stadt.

Die sublunare Presse titelt: „Erster Mann auf dem Mond tot.“
Neil Armstrong ist gestorben. Ich war, höchstwahrscheinlich, vier, als er, höchstwahrscheinlich, auf dem Mond umherging. Sieh doch am Nachthimmel den Trabanten – die leuchtende Küste des Mare Tranquillitatis, die unvorstellbare Ferne: „Ein kleiner Schritt für einen einzelnen Menschen, aber ein riesiger Sprung für die Menschheit“ – es ist umgekehrt.

„Weißt du noch, das Päckchen aus Amerika, das mit einem Mal an der Haustür lehnte?“ – „Nein.“ – „Es kam von Richard Ford, und es war handbeschriftet.“ – „Post wie jede andere.“

Foto © NASA

Verluste

Der kleine krumme Mann mit den suchenden Augen im Arztwartezimmer, ein dorthin Verlorengegangener – „Herr Hammer, bitte.“
Sei gegrüßt, fremder Freund, viel Glück beim Verschwinden!

In flüchtigen Augenwinkelbegegnungen der Elternpaare die überspielten Dramen der letzten Tage. „Hauptsache, der Junge hat seinen Spaß.“ Indoorspielplatz. Entfesselte Kleine auf der Jagd nach Erschöpfung. Setz dich zum Zeitvertreib zwischen Rutsche, Bällebad, Kletterwand und elektrischen Rodeostier, und du bist im Exil – verloren in der Ausgelassenheit (Schnelsen, 25.8.).

Heimwehmut

„Unruhestifter“ will man vertrieben haben aus einem Bankgebäude im Schanzenviertel. Was haben sie dort verloren? Vielleicht das Geld, das dort ruht, die Ruhe des schönen Geldes? Wiederhergestellt worden ist doch wohl nicht die Ruhe – Ruhe ist nirgends –, sondern einzig die Ordnung. Unordnungsstifter … (26. August) Ruhestifter, wo seid ihr?